Was bleibt neben den vielen vielen interessanten und aufschlussreichen Statistiken als Ergebnis der Kommunalwahl 2008 in Bayern stehen?
Bayernweit haben die CSU (40,0% / -5,5%) und die SPD (22,6% / -2,5%) die schlechtesten Werte seit Jahrezehnten erzielt. Gewinner waren die Grünen (8,2% / + 2,5%) und die Freien Wähler (19,5% / +3,4%). Die Wahlbeteiligung ging um 3,7% auf nur 59,5% zurück.
Hier finden Sie die graphische Auswertung der Kommunalwahl 2008 in Bayern und hier finden Sie die Vergleichszahlen seit dem Jahr 1946 bis zum Jahr 2002.
Und welche Schlüsse kann man aus der Wahl in Dießen ziehen?
Dießen hat konservativ gewählt!
Kirsch und Sanktjohanser sind die klaren Sieger (beide stehen für eine “step-by-step” Politik), dazu die Freien Wähler mit guten Zuwächsen (auch hier möchte man den Ort weiterentwickeln, aber eben behutsam) und die starken Grünen, die ja eher für “sanfte” Weiterentwicklung stehen. Der Ur-Dießner an sich möchte keine großen Veränderungen, er möchte dass sich der Ort weiterentwickelt, aber nicht zu viel Veränderung. Das hat Herr Salzmann bei der Podiumsdiskussion ja kritisiert – “ein bißchen was von allem, aber nicht zu viel” – aber genau so ist Diessen – das muss er noch lernen! Dießen hat eine Aussage getroffen, eine klare Aussage, die für den nächsten Gemeinderat eine klare Richtung vorgibt: “Sinnvolle Änderungen und Verbesserungen JA, aber keine komplette Umstrukturierung des Ortes!”
Die Sieger der Wahl:
Franz Sanktjohanser – Stimmenkönig von Dießen
4.597 Stimmen – ein persönliches Plus von 1.757 Stimmen – prozentual 61,87% – ein Wahnsinnsergebnis mit dem er wohl selbst in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet hätte. Hat mit seiner Konsequenz den neuen Weg der CSU nicht mit zu gehen und ihr nach 30 Jahren den Rücken zu kehren viele Sympathien geholt. Auch Marianne Scharr erzielte mit 1.222 Stimmen ein fantastisches Ergebnis. Beinahe hätte der offene Kreis Dießen die angestrebten 3 Sitze erhalten.
Herbert Kirsch siegt und verhilft seiner Gruppierung zu 4 Sitzen
Mit über 75% der Stimmen wurde Herbert Kirsch im Amt bestätigt. Hatte bei der Bürgermeisterwahl (3.618) fast die identische Stimmenzahl wie bei der Gemeinderatswahl (3.635). Seine eigenen Stimmen und die zusätzlichen „Bürgermeisterstimmen“ brachten der Gruppierung mit Hilfe des ebenso tollen Ergebnisses von Antoinette Bagusat (2.245) den dritten und vierten Sitz. Die Aufforderung: „Wählen Sie Herbert Kirsch, sofern Sie ihn wählen, entweder als Bürgermeister oder als Gemeinerat!“ hat nichts geholfen. Die Dießener Bürger holten 16.703 Stimmen, das ist ein Plus von 7.019 Stimmen = + 72,48%! Wahnsinn!
Dritter Sitz für die Grünen
Die Listenverbindung mit der SPD hätten sich die Grünen schenken können, sie brachte nichts ein. Die Grünen waren alleine stark genug um die SPD zu überholen und sich ein drittes Mandat zu sichern. Sie holten 12.536 Stimmen – ein Zuwachs 3.459 Stimmen, also + 38,11%. Beachtlich!
Wie bereits angekündigt, gab es bei der Wahl 4 Gewinner. Über drei von Ihnen haben Sie oben gelesen, der vierte Gewinner waren die Freien Wähler! Leider gab es in diesem Jahr nur 3 Medaillen …
Freie Wähler werden nicht belohnt
Im Jahr 2002 behaupteten die Freien Wähler den vierten Sitz mit 14.261 Stimmen hauchdünn (ca. 80 Stimmen = 0,09% der Gesamtstimmen) vor der UBV. Um einen weiteren (fünften) Sitz zu erhalten, hätten die FW ihre Stimmen auf über 20.000 schrauben müssen (den letzten Sitz hat die CSU mit einem Teiler von 4.070 erhalten – d.h. die FW brauchen einen Teiler 4.071, haben aber nur 3.803 – es fehlen 267 Teilerstimmen, das bedeutet für einen fünften Sitz x 5 Gesamtstimmen = 1.335 Gesamtstimmen). Einige träumten vom 6. Sitz, dafür wären aber über 24.000 Stimmen nötig gewesen, d.h. man hätte die CSU als stärkste Fraktion (hatten 2002 27.334 Stimmen) ablösen müssen. Die Freien Wähler konnten ein Stimmenplus von fast 4.800 Stimmen verzeichnen – ein tolles Ergebnis. Die „jungen Wilden“ der Freien Wähler haben ein Riesenergebnis eingefahren. Rein stimmenmäßig landeten 7 Kandidaten unter den ersten 24 (der gefühlte Gemeinderat), aber für einen weiteren Sitz haben eben noch mal gut 1.300 Stimmen gefehlt. Für einen Sitz benötigt man gut 4.000 Stimmen, d.h. faktisch fing die Jagd auf Sitz Nr.5 mit fast 2.000 Stimmen im Minus an. Warum das? Ganz einfach. 4 x 4.000 = 16.000 Stimmen – das letzte Mal warens 14.261 Stimmen – d.h. die Freien Wähler hätten um über 6.000 Stimmen zulegen müssen. Die Freien Wähler haben ein Riesenergebnis geholt, haben den wacklingen 4ten Sitz zementiert, holten fast 4.800 Stimmen mehr, bauten die absoluten Prozentwerte von 16,6% auf 17,6% aus – trotz einer weiteren Gruppierung. Die Freien Wähler können beruhigt in die Zukunft schauen, viele andere Gruppierungen haben Probleme mit dem Nachwuchs, bei den FW brachte der Nachwuchs satte Stimmen. Die Freien Wähler sind für die Zukunft gut aufgestellt. In 6 Jahren ändert sich der Gemeinderat enorm, viele altgediente Gemeinderäte werden quer über alle Gruppierungen nicht mehr antreten – da werden die Verhältnisse wieder neu gemischt und die Freien Wähler haben hervorragend vorgebaut und sich eine gute Ausgangsposition geschaffen.
Im Jahr 2002 bevorteilte das Wahlsystem die Freien Wähler, diesmal wurden sie nicht belohnt, gehören aber trotzdem zu den Gewinnern der Kommunalwahl 2008.
Die Verlierer der Wahl
CSU: aus 7 + XXL wurde ein Sitz weniger
Die CSU büßte bei 4 neu zu vergebenden Sitzen einen Sitz ein. Kirsch-Herausforderer Salzmann startete im Oktober vergangenen Jahres sehr aggressiv, was ihm den Verlust von Franz Sanktjohanser einbrachte. Als er im Januar mit Sachthemen punkten wollte waren viele Sympathien schon zu Gunsten von Herbert Kirsch vergeben. Der Unterstützerkreis war noch einen Tick aggressiver, was folgerichtig noch schlechter ankam. Das mit Franz Steigenberger ein Urgestein der Dießener CSU wiedergewählt wurde ist für ihn zwar bestimmt sehr schön, für die CSU aber sehr traurig. Nachwuchs? – Fehlanzeige!
SPD: One-Woman-Show in red
Hanni Baur hat persönlich eine tolle Wahl erlebt. Über 3.000 Stimmen – mehr als eine Verdoppelung. Aber … was kommt dahinter? „Viele gute Leute, die leider wenig bekannt sind“, so lautete das Fazit der SPD-Ortsvorsitzenden. Ähnlich wie teilweise auf Bundesebene schwimmen der SPD die Felle davon, die Grünen werden stärker und locken Wähler, die Linken grasen den Flügel ab, dazu noch der eigene Schlinger-Schmusekurs in Sachen „Linke“ – ist nicht auszuhalten. In Dießen verlor die SPD klar Anteile an die Grünen, die Listenverbindung sollte eigentlich einen dritten Sitz bringen, das Gegenteil war der Fall. Stimmenmäßig bremste die SPD gerade noch vor der 10.000er-Klippe. Prozentual fielen die Roten unter 10% (9,30%). Wir sind auf die nächsten 6 Jahre gespannt und ob dann das „Hanni-Team“ bekannter ist. Spekulationen um den Posten „2. Bürgermeisterin“ dürfte es auf Grund des Gesamtergebnisses der SPD nicht wirklich geben.
UBV: Dritter Sitz in weiter Ferne
Auf Anhieb brachte die UBV 1990 4 Kandidaten in den Gemeinderat, 2002 war der dritte Sitz in greifbarer Nähe, kippte dann aber doch zu den Freien Wähler. 6 Jahre später ist der dritte Sitz in weite Ferne gerückt. Die Stimmen der Familie Römhild aus dem Jahr 2002 (ca. 3.000) konnten nicht kompensiert werden, Rudolf Gleißl wurde um fast 500 Stimmen nach unten gewählt und die Liste musste mit 4 Ehepartnern aufgefüllt werden. Die UBV steht vor einer Neustrukturierung.
Neutral: Bayernpartei – Punktlandung
Der Bayernpartei wurde ein Sitz zugetraut, dieser wurde sicher erreicht, Pius Abenthum setzte sich parteiintern gegen Gunnar Schweizer durch und darf weitere 6 Jahre für die Bayernpartei im Gemeinderat tätig sein. Die Bayernpartei gehört daher weder zu den Gewinnern, noch zu den Verlierern. Neutral halt. 🙂